
Therese Giehse kommt am 6. März 1898 in München zur Welt. Als Tochter des Textilkaufmanns Salomon Gift und mit vier älteren Geschwistern führt sie ein bürgerliches Leben. Als sie nach dem ersten Weltkrieg ihre Entscheidung fasst, Schauspielerin zu werden, wird sie dafür anfangs von ihren Geschwistern fast ausgelacht: Sie entspräche nicht dem Schönheitsideal der 20er Jahre mit ihrem burschikosen Auftreten und ihrer molligen Gestalt. Therese soll daraufhin geantwortet haben „Ich will ja nicht schön sein. Ich will bloß zum Theater“ – und da kam sie auch hin!
Über Albert Steinbrück, Schauspieler der 'neuen', naturalistischen Schule, gelangte sie an Schauspiellehrerin Tony Wittels-Stury, die ihr all die Rollen beibrachte, welche optisch und charakterlich am weitesten von Giehse entfernt waren: Julia, Gretchen, Minna, Ophelia und das Klärchen. Nach zwei anstrengenden und teuren Jahren der Ausbildung, die sie sich selbst finanzierte, gelang sie über die Provinztheater nach weiteren fünf Jahren wieder zurück nach München:
Wir schreiben das Jahr 1925, Therese Giehse kommt an das Schauspielhaus München und spielt dort unter anderem in Stücken von Shaw, Kaiser und Stermheim. Otto Falckenberg holt sie dann für die neue Spielzeit 1926/27 an die Münchner Kammerspiele, wo sie – neben Gastspielen in Berlin – bis zu ihrer Emigration 1933 fester, berühmter und überaus beliebter Bestandteil des Ensembles bleibt.
Ihre Premiere an den Kammerspielen feiert sie als das Weib Simons in Falckenbergs Eröffnungsinszenierung von Büchners Dantons Tod. 1927 spielt sie unter Regie Erwin Piscators in Das gastliche Haus – die Initialzündung für eine bis zu ihrem Tod andauernde Freundschaft mit der Mann-Familie. Mit Erika Mann gründet Giehse – beides junge Frauen jüdischer Herkunft – das Kabarett Die Pfeffermühle (nach einem Roman von Thomas Mann benannt). 1932 stehen sie zum ersten Mal gemeinsam mit ihrem antinazistischen, antifaschistischen Kabarett-Programm auf der kleinen Bühne der 'Bonbonière' – einem Lokal an dessen Ort man heute das 'Atomic Café' vorfindet.
Es dauerte nicht lange bis die nationalsozialistische Einflussnahme so stark und so unausweichlich schien, dass die Giehse (zusammen mit einigen anderen Kollegen aus dem Ensemble der Kammerspiele) die Gelegenheit ergriff, bevor sie aufgrund ihres Glaubens deportiert werden konnte, in die Schweiz zu flüchten. Ein englischer Pass half ihr dabei. In Zürich angekommen, tobte sich das Zweigespann Mann/Giehse weiter in der Pfeffermühle über die nationalsozialistischen Untaten aus.
Therese Giehse kennzeichnet neben ihrer langen und treuen Zeit an den Münchner Kammerspielen auch ihre künstlerische Beziehung zu Bertolt Brecht: Ihre erste Begegnung mit Brecht machte sie 1929, als er zur Endprobenphase der Dreigroschenoper (Regie: Hans Schweikart) nach München kam. Giehse spielte Peachum. Die erste gemeinsame Arbeit war 1948 Herr Puntila und sein Knecht – noch im Exil am Zürcher Schauspielhaus.
Ein Jahr später kam Therese Giehse dann ans legendäre Berliner Ensemble. 1950 spielte sie erneut die Mutter Courage (das erste Mal spielte sie „die Mutter“ in der Inszenierung von Leopold Lindtberg am Zürcher Schauspielhaus 1945, zwanzig Jahre später wird sie sie noch einmal in der Inszenierung von Peter Stein neben Schauspielgrößen wir Monica Bleibtreu, Bruno Ganz, Otto Sander und Edith Clever spielen) – und Brecht war begeistert. So soll er einem Reporter der Abendzeitung gesagt haben:

„Es wäre mir daran gelegen, wenn Sie zum Ausdruck brächten, dass ich Therese Giehse für die größte europäische Schauspielerin halte.“
Obgleich sich die beiden wenig später über Kleists Inversionen bei der Probenarbeit zu Der zerbrochene Krug (Therese spielte – natürlich – Marthe Krull!) in den Haaren lagen, war die Arbeit mit Brecht vor allen Dingen: bayerisch und komisch. Es ist ja auch ein Bild der Götter, sich vorzustellen, dass die beiden einst gemeinsam mit Helene Weigel über das Oktoberfest flanierten und 'a Maß' getrunken haben... oder zwei.
Giehse war in der Nachkriegszeit immer wieder an den Kammerspielen, in Zürich und in Berlin engagiert. Nebenbei spielte sie in zahlreichen Filmproduktionen mit, u.a. in Lindtbergs Die letzte Chance (1945), Benedeks Kinder, Mütter und ein General (1955), Radványis Mädchen in Uniform (1958) und Louis Malles Lacombe Lucien, sowie Black Moon (beide: 1974).
Am 26. Februar 1975 ist Therese Giehse verstorben. Sie wurde auf eigenen Wunsch hin in Zürich begraben – ihr Grab liegt auf dem Friedhof Fluntern. Im März 1975 wurde an den Kammerspielen ihr zu Ehren eine Gedenkfeier veranstaltet, bei der Paul Verhoeven, Regisseur und Schauspieler, an Herzversagen starb – gerade im Inbegriff, einen Nachruf über sie zu formulieren. Ende 75 sterben zwei weitere langjährige Mitarbeiter der Kammerspiele: Carl Wery und Hans Schweikart.
Seit 1975 gibt es im Münchner Stadtteil Neuperlach die 'Therese-Giehse-Allee' und die gleichnamige U-Bahnhaltestelle der Linie U5. Keine andere Haltestelle im U-Bahn-Netz ist nach einer Schauspielerin (oder einem Schauspieler) benannt.