1933 – 1934

Machtergreifung 33 –
Personalpolitik zur NS-Zeit

Politik

Kurt Horwitz (rechts) floh 1934 ins Exil nach Zürich.

Am 30. Januar 1933 kam es zur Macht­ergreifung Hitlers, die zu einer Koali­tions-­Regierung des 'Nationalen Zusam­menschlusses' führte. Übersetzt hieß dies: Die Nationalsozialisten unter Führung Hitlers haben unter Berufung auf den Notstandsartikel 48 des Grund­gesetzes alles legitimiert, was sie in ihrem faschistischen, antisemitischen und rassistischen Geiste für nötig hielten.

Dazu gehört auch das Ermächtigungs­gesetz, durch welches die Macht der Legislative an die Exekutive übertragen wurde. Die Weichen für willkürliche Gesetze sind freigelegt: Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums am 7. April 1933 befähigt Entlassungen „nichtarischer“ Mitarbeiter. Vollbracht ist die Grundlage der willkürlichen Schreckensherrschaft noch im selben Jahr mit dem Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich.

Innerhalb von vier Monaten verändert sich nicht nur das gesamte Regierungssystem von einer Republik mit Schwächen zu einer machtfokussierten, gleichschaltenden Diktatur. Auch – und vor allen Dingen – der Alltag der Bürger wird in großem Maße beeinträchtigt, auf ethischer, moralischer und sozialer Ebene. Anhand einiger Beispiele aus der Personalsituation der Kammerspiele lassen sich die 1933 stattfindenden Umbrüche verdeutlichen: Therese Giehse, Schauspielerin (Therese Giehse) floh, bevor sie aufgrund ihrer antinationalsozialistischen Gesinnung und ihrer jüdischen Herkunft verhaftet werden konnte rechtzeitig in die Schweiz nach Zürich.

Kurt Horwitz, Schauspieler jüdischer Herkunft, kam im Herbst 1919 zum ersten Mal an die Kammerspiele und gehörte zu Falckenbergs treuesten und beim Publikum beliebtesten Schauspielern. Er floh wenig später ebenfalls nach Zürich. Laut dem damaligen Dramaturgen Wolfgang Petzet, versuchte Oberbürgermeister Fiehler noch 1934, Horwitz und Giehse an die Kammerspiele zurückzuholen, ob als Falle oder als Publikumsgarant für die damals finanziell stark geschädigten Kammerspiele, bleibt unklar. Nach dem Krieg war Horwitz von 1953 bis 1958 Intendant des Bayerischen Staatsschauspiels.

Weitere Schauspieler, die nach der Machtergreifung emigrierten sind u.a. Karl Kyser, Sybille Schloß und Max Schreck. Heinrich Fischer, 1926/27 und 1931/32 Chefdramaturg an den Kammerspielen und wichtiger künstlerischer Motor für die Spielplangestaltung und die Vorbeugung eines Bankrotts. Anfang 1933 floh er über Berlin nach Prag, 1939 nach London und arbeitete bis 1959 bei der BBC. Adolf Kaufmann, der Theaterdirektor der Kammerspiele, wurde sowohl innerhalb als auch außerhalb des Hauses für seine jüdische Herkunft 'verteufelt'.

Gerüchten zufolge war er homosexuell. Kaufmann verwaltete die Gelder des Hauses zugunsten der Teilhaber der GmbH und nicht der Mitarbeiter der Kammerspiele selbst. Das Ensemble, die oberste Direktion (inkl. Falckenberg) haben dieser Misswirtschaft mit einer Drohung, vom Recht ihrer Kündigung Gebrauch zu machen, ein Ende bereitet, noch bevor er aufgrund der gesellschaftspolitischen Situation das Land hätte verlassen müssen.

Dies tat er dann aber im Wagen Otto Falckenbergs, an die österreichische Grenze – wie später auch Julius Gellner: Julius Gellner, jüdischer tschechischer Staatsbürger, seit 1925 Oberspielleiter und Direktionsvertreter an den Kammerspielen, wurde in Falckenbergs Auto durch seinen Fahrer über die österreichische Grenze gebracht. Gegen ihn lag bereits Schutzhaftbefehl vor. Julius Seger, Schauspieler jüdischen Glaubens, spielte bis zu seinem Aufführungsverbot 1933 an den Kammerspielen besonders die kleineren, kindlichen Rollen.

Zuerst musste er in die Arbeiterlager in Milbertshofen und Umgebung, 1942 wurde er nach Theresienstadt transportiert, später nach Auschwitz. 1944 erreichte seine Frau Centa Ostermeier die letzte Nachricht von ihm. Er ist vermutlich kurz vor Kriegsende im Konzentrationslager Auschwitz ermordet worden. Edgar Weil, Dramaturgisches Volontariat an den Kammerspielen in der Spielzeit 1923/33.

Er ist in die ominöse Verhaftung Falckenbergs (Otto Falckenberg) um den Brief an Ernst Held nach Moskau (Staatsverrat) verwickelt, welchen er während Falckenbergs vorübergehender Festnahme versteckt hatte. Er konnte durch Falckenbergs Bemühungen sowohl aus seiner dann folgenden Inhaftierung durch die SA freigelassen werden, als auch nach Holland fliehen. Dort geriet er allerdings 1941 in eine Straßenrazzia und wurde ins KZ Mauthausen transportiert, in dem er noch im selben Jahr ermordet wurde.