1961 / 1976 – 2001

Jürgen Rose –
Kein Dorn ohne Rose

Bühnenbild

  • Mit der Minna von Barnhelm (1976) wurde der Grundstein für die jahrelange Erfolgszusammenarbeit von Dorn und Rose gelegt.

  • Das Mobiliar, die Tapeten, die abgenutzten Bodendielen – jedes Detail suchte Rose mit höchster Präzision aus, um das Milieu der preußischen Bürgerlichkeit realistisch nachzustellen.

  • Troilus und Cressida (Ausstattung: Rose) wurde 1987 zum Berliner Theatertreffen eingeladen.

  • Rolf Boysen in der Titelrolle in König Lear (1992). Auffällig ist vor allem die Kargheit in Vergleich zu Roses frühen Ausstattungen.

Jürgen Rose ist wohl einer der prägendsten Bühnen- und Kostümbildner unserer Zeit. Er entwarf die Ausstattungen für Schauspiele, Opern und Ballette in Wien, Hamburg, Stuttgart, Berlin, London, Paris, Mailand und New York, sowie für Festspiele in Bayreuth und Salzburg. Zudem realisiert er seit den 90er Jahren eigene Operninszenierungen als Regisseur und hatte darüber hinaus zwischen 1973 und 2000 eine Professur an der Staatlichen Akademie der Künste in Stuttgart inne. Noch heute prägt er die Münchner Kulturlandschaft durch sein Schaffen am Staatstheater.

Doch vor allem die Münchner Kammerspiele spielten eine wesentliche Rolle in Roses Karriere. Hier war er gleich zweimal für längere Zeiträume tätig. Die erste Phase war bereits 1961 – 1969, als Rose Ausstattungen für Hans Schweikart und Peter Stein kreierte. Nach kurzer Unterbrechung, in der Rose unter anderem seine erste Opernausstattung kreierte, kehrte er 1976 an die Kammerspiele zurück, wo er bis 2001 blieb.

In dieser Zeit ergab sich eine künstlerische Zusammenarbeit, welche die Kammerspiele wesentlich prägte und überdies eine Einzigartigkeit in der deutschen Theaterlandschaft darstellte. Dieter Dorn, anfangs noch Oberspielleiter, inszenierte als seine erste Arbeit in München die Minna von Barnhelm, und Jürgen Rose entwarf die Kostüme sowie das Bühnenbild dazu. Diesem ersten Zusammentreffen folgten dutzende weitere Produktionen, und Rose blieb Dorns engster und nahezu einziger Ausstatter.

Es entstand eine „Arbeits-Ehe“, aus der sich ein eigener Stil entwickelte, dessen Erfolg sich zum einen in der tatsächlichen gemeinschaftlichen Entwicklung einer Inszenierung begründen lässt. So gaben Regisseur und Ausstatter stets kollektiv einem Stück seine detailverliebte Bildlichkeit, wozu Rose einmal sagte, er könne „nicht allein gut sein“. Zum anderen war es aber auch die Ähnlichkeit in der Arbeitsweise, welche als akribische Genauigkeit bezeichnet werden darf. Achtete Dorn präzise auf die entsprechende Umsetzung des Textes, so kreierte Rose ein bis ins kleinste Detail versessenes Spielfeld und Kostüm. Oft suchte er sein Dekor auf den Münchner Flohmärkten, ließ es bisweilen aber auch kurzfristig einfliegen.

Doch über diese intensive Zusammenarbeit ging das Verhältnis von Dorn und Rose niemals hinaus. So sagte Rose einmal, Dorn und er seien sich beruflich ganz nah, könnten sich total aufeinander verlassen, doch privat hielten sie eher Distanz. Vielleicht lässt sich auch hier der gemeinsame Erfolg ihrer gemeinsamen Arbeit festmachen, die sich in aller Intensivität auf das Projekt konzentrierte.

Einzigartig an dieser Zusammenarbeit ist aber nicht nur die künstlerische Harmonie, sondern vielmehr die daraus hervorgehende Ästhetik. Eine Ästhetik, die sich unter dem Begriff 'Kammerspiel-Stil' etabliert hat. Das Besondere hieran ist, dass das Bühnenbild nicht einfach auf eine Bühne gestellt wurde, sondern eben von dieser bedingt in ihren Raum hinein gebaut wurde. Bestimmte Voraussetzungen, eine gewisse Enge, brachten eine einzigartige räumliche Umsetzung mit sich.

Die Ästhetik Roses hat sich aus dem Haus entwickelt und steht in seinem Dienste. So kann man sagen, dass die Bühnenbilder eine singuläre, eng mit den Kammerspielen verwachsene Anfertigung darstellten. Dabei ließen sich bestimmte Motive wiederfinden, wie der geschlossene Bühnenraum, die seitliche Fensterfront, die hohen Türen oder auch die oftmals bewegbaren Podeste. Durch klar definierende Wände und meist tiefe Decken wurde der Effekt des Guckkastens hervorgehoben. Der Spielraum wurde hier selbst zur Kammer, zu einer Schachtel fast, in der Rose und Dorn ihre Bilder entstehen ließen.

Dabei entwickelten sich Roses Ausstattungen über die Jahre von einer gewissen Opulenz, die einen ästhetisch verschönerten Realismus vermittelte, zu eher kargen, auf das Wesentliche beschränkten Räumen, mehr Spiel- denn Illusionsräume. Realistisch oder verknappt – Roses Ausstattungen waren immer ästhetisch reizvoll in ihrer detailverliebten Schönheit.